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Aromatherapie in der Schmerzbehandlung

  • Autorenbild: Dr. med. Diana Preisler-Adibelli
    Dr. med. Diana Preisler-Adibelli
  • 6. Juli
  • 4 Min. Lesezeit

Über den komplementären Einsatz von ätherischen Ölen in der Schmerzmedizin und wie Sie diese für sich nutzen können...


Aroma-Öle können wunderbar über Diffusoren im Raum verteilt werden
Aroma-Öle können wunderbar über Diffusoren im Raum verteilt werden

Liebe Patientinnen und Patienten, liebe Interessierte,

 

häufig bemerken meine Besucher den Duft in der Schmerzambulanz und manche entdecken unsere Diffusoren, mit denen ätherische Öle verdampft werden.

Was in anderen Ländern im Handel bereits gängige Marketing-Praxis ist und mittlerweile immer häufiger in Deutschland eingesetzt wird, ist die Vernebelung von Aromen zur Beeinflussung der Stimmung der Kunden. 

 

Die natürliche Heilkraft ätherischer Öle zur Unterstützung der körperlichen und seelischen Gesundheit ist jedoch weit mehr als nur angenehmer Duft. Da ich immer nach neuen Werkzeugen in der Behandlung von chronischen Schmerzen suche, habe ich vor Jahren mit zwei Pain Nurses einen Kurs zur "Aromatherapie in der Schmerzbehandlung" absolviert. Der medizinische Einsatz sowohl für die Stimmung als auch für allerlei körperliche Erkrankungen wurde detailliert unterrichtet und demonstriert. Dieses Wissen lassen wir nun einfließen in unseren Alltag in der Schmerztherapie. 

 

In einer bundesweiten Online-Schmerzkonferenz halte ich als Co-Moderatorin nun selbst hierzu einen Vortrag vor Kollegen und möchte auch Sie ein wenig in das Thema hineinschnuppern lassen.

 

🕰️ Heilwissen mit Geschichte

Die Anwendung wohlriechender Pflanzenstoffe hat eine jahrtausendealte Tradition. Bereits in der Antike nutzten Kulturen wie die Ägypter, Griechen, Römer und Chinesen aromatische Öle zur Schmerzlinderung, Wundpflege oder seelischen Stabilisierung. In mittelalterlichen Klöstern wurden Destillationstechniken weiterentwickelt und in der persisch-arabischen Medizin spielte die Wirkung von Pflanzenauszügen eine wichtige Rolle.

 

Der Begriff "Aromatherapie" wurde schließlich Anfang des 20. Jahrhunderts geprägt durch den französischen Chemiker René Gattefossé, der Lavendelöl zur Behandlung von Verbrennungen einsetzte. 

 

Heute ist die Aromatherapie ein fester Bestandteil der komplementären Schmerztherapie- und Pflege und findet Anwendung in Kliniken, Palliativzentren und Schmerzpraxen.

 

🔬 Wie wirken ätherische Öle auf den Schmerz?

Ätherische Öle sind hochkonzentrierte Pflanzenauszüge mit komplexer chemischer Zusammensetzung. Sie wirken über verschiedene biologische Mechanismen auf das Nervensystem, das Immunsystem und das emotionale Erleben. Die wichtigsten Wirkprinzipien sind:

 

1. Schmerzmodulation über Rezeptoren im Nervensystem

Bestimmte Inhaltsstoffe wie Menthol (aus Pfefferminze) oder Linalool (aus Lavendel) beeinflussen Rezeptoren im zentralen und peripheren Nervensystem. So können etwa TRP-Kanäle, die für Schmerz- und Temperaturempfinden verantwortlich sind, blockiert oder aktiviert werden, was zu einer spürbaren Linderung führen kann. Lavendelöl wirkt zusätzlich beruhigend auf GABA-Rezeptoren und kann Anspannung, Angst und Stress reduzieren, also die Faktoren, die Schmerzen oftmals zusätzlich verstärken.

 

2. Entzündungshemmung über das Immunsystem

Einige Öle beeinflussen das sogenannte Endocannabinoid-System und hemmen dort entzündliche Botenstoffe wie TNF-alpha oder Interleukine. Das ist besonders interessant bei chronischen Schmerzsyndromen wie Arthrose, Rheuma oder Fibromyalgie, bei denen oft Entzündungsprozesse beteiligt sind. Auch Pflanzenstoffe aus Ingwer oder Kamille wirken entzündungshemmend, ohne die Nebenwirkungen klassischer Schmerzmittel zu haben.

 

3. Wirkung auf das limbische System

Über die Nase gelangen Duftstoffe direkt ins limbische System, also in die Areale des Gehirns, die für Emotionen, Erinnerungen und vegetative Regulation zuständig sind. So kann ein angenehmer Duft nicht nur die Stimmung aufhellen, sondern auch Stress abbauen, das Schmerzempfinden mildern und den Schlaf verbessern. Gerade bei chronischen Schmerzen spielt diese emotionale Komponente eine große Rolle.

 

📊 Was zeigt die Studienlage?

In den letzten Jahren wurden zahlreiche wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit von Aromatherapie durchgeführt. Die Ergebnisse sind vielversprechend:

 

  • Lavendelöl, inhaliert oder als Massageöl, kann Schmerzen nach Operationen lindern und den Bedarf an Schmerzmitteln reduzieren (z. B. Shin et al., 2025).

  • Pfefferminzöl, äußerlich auf Stirn und Schläfen aufgetragen, wirkt ähnlich effektiv wie Paracetamol bei Spannungskopfschmerzen > dies wurde bereits 1996 in einer doppelblinden Studie gezeigt.

  • Rosenöl, Kamille und Eukalyptus haben sich in klinischen Studien als hilfreich bei postoperativen Schmerzen, Muskelverspannungen und Frauenbeschwerden (z. B. nach Kaiserschnitt) erwiesen.

  • Auch bei chronischen Nervenschmerzen, etwa bei diabetischer Neuropathie, konnte Lavendelöl die Schmerzen und die Lebensqualität messbar verbessern.

 

Diese Daten zeigen: Aromatherapie ist weit mehr als ein angenehmer Duft... sie kann Schmerzen lindern, den Heilungsprozess unterstützen und das subjektive Wohlbefinden verbessern.

 

🧴 Welche Anwendungen sind möglich?

Ätherische Öle lassen sich auf verschiedene Arten anwenden, je nach Beschwerdebild, Vorlieben und Alltagssituation. Hier eine Übersicht der wichtigsten Möglichkeiten:

 

Inhalation: über Diffusor (z.B. 5 Tropfen in 100 ml Wasser), Aroma-Stick oder Duftsteinkette 

 

Einreibungen: verdünnt (3-5 %) in einem Träger-Öl wie Jojoba-Öl, Johanniskern-Öl oder Mandel-Öl 

 

Aromabäder: ein paar Tropfen (z.B. 5-10) mit Sahne oder Honig vermischt ins warme Wasser 

 

Wickel und Kompressen: in warmem oder kaltem Wasser mit Öl-Zusatz

 

Bitte beachten Sie: Die ätherischen Öle sollten 100 % naturrein und möglichst aus biologischem Anbau stammen. Die richtige Dosierung ist wichtig und bei empfindlicher Haut, Schwangerschaft oder bei bestimmten Erkrankungen (z. B. Asthma, Allergien oder Epilepsie) ist fachkundige Beratung notwendig.

 

🌸 Ausgewählte Öle in der Schmerzbehandlung

Einige ätherische Öle haben sich in der Praxis besonders bewährt:

 

Lavendel: entspannend, schlaffördernd, angstlösend, krampflösend

Pfefferminze: kühlend, durchblutungsfördernd, schmerzlindernd bei Kopfschmerz

Rosmarin: regt die Durchblutung an, hilft bei Muskelverspannungen

Eukalyptus: entzündungshemmend, schleimlösend, erfrischend

Ingwer: wärmend, entzündungshemmend, hilfreich bei Gelenkschmerzen

Kamille: beruhigend, krampflösend, entzündungshemmend

Weihrauch: stark entzündungshemmend, v. a. bei chronischen Gelenkbeschwerden

 

💡 Meine Empfehlung für Sie

Eine meiner Lieblingsmischungen für meinen Behandlungsraum, die sowohl geeignet ist für Muskel- und Gelenkbeschwerden als auch für emotionale Entspannung, und gleichzeitig sehr angenehm duftet, ist:

 

1. Lorbeer-Öl > schmerzlindernd, mental kräftigend, immunstimulierend

2. Patchouli-Öl > erdend, entspannend, antidepressiv

3. Orangen-Öl > stimmungsaufhellend, beruhigend, harmonisierend 

 

Diese Mischung eignet sich hervorragend zum Befüllen eines Diffusors. Für gut 100 ml nehme ich jeweils 2-3 Tropfen. 

 

Sie sehen: Aromatherapie ist kein Ersatz für Medikamente, aber sie kann eine wertvolle Ergänzung in der Schmerzbehandlung sein... insbesondere bei chronischen Beschwerden, Stressbelastung oder psychosomatischen Symptomen. Durch die gezielte Auswahl und Anwendung ätherischer Öle können Sie Ihre Selbstwirksamkeit stärken, Beschwerden lindern und mehr Lebensqualität gewinnen.

 

Herzliche Grüße

Ihre Diana Preisler-Adibelli

 
 
 

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